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Zahnhygiene beim Hund – alltagstauglich & wirksam

In einem meiner Workshops – das Thema war „Habituation und Duldung“ – übten die Teilnehmer, wie ihre Hunde gezielte Berührungen und Untersuchungen ruhig dulden – auch in sensiblen Bereichen wie Kopf, Fang und Maul. Bei einem 14 Monate jungen Rüden funktionierte das bereits richtig gut. Ich bat seinen Zweibeiner mir zu zeigen, wie gut das Begutachten der Zähne in Ober- und Unterkiefer, ohne dabei den Fang zu öffnen – schon klappte. Als er seinem jungen Hund die Lefze anhob, wurden deutlich verfärbte Prämolaren und Molaren sichtbar.

Der Halter war kurz still, dann sagte er sichtlich betroffen:

„So genau hab ich da noch nie hingesehen.“

Noch keine Schmerzsymptome und kein Maulgeruch oder Schlimmeres. Doch derartige Verfärbungen – oft schon in jungen Jahren – lassen ahnen, was kommt, wenn man nichts tut im Bereich der Zahnhygiene beim Hund.

Darum gehe ich in diesem Beitrag darauf ein, wie sich eine Zahnpflegeroutine sinnvoll aufbauen lässt: kleinschrittig, sicher geführt und so gestaltet, dass der Hund mitarbeitet.

Zahngesundheit beim Hund hat unmittelbaren Einfluss auf Wohlbefinden, Futteraufnahme, Verhalten und die gesamte körperliche Verfassung. Es geht dabei nicht nur um saubere Zähne oder guten Atem, sondern auch um die Gesunderhaltung des gesamten Zahnhalteapparats – also Zahnfleisch, Wurzelhaut, Wurzelzement und Kieferknochen.

Zahnhygiene beginnt nicht mit der Zahnbürste. Sie beginnt mit artgerechter Haltung, artgerechter Fütterung, ausreichender Versorgung mit frischem, gesunden Wasser, einer guten, stabilen Gesamtgesundheit – und mit dem richtigen Aufbau der nötigen alltäglichen Pflege. Zahnhygiene wirkt lokal, ist aber immer auch systemisch relevant. Und sie funktioniert nur, wenn sie gezielt aufgebaut und zuverlässig, regelmäßig umgesetzt wird.

Zahnerkrankungen beim Hund verlaufen häufig unbemerkt. Schmerzen im Fang zeigen sich selten direkt, sondern über feine Veränderungen im Verhalten. Deshalb ist die regelmäßige Gebisskontrolle durch den Halter entscheidend.

Hinweise können u.a. sein:
  • Verfärbungen, Zahnbelag, Zahnstein
  • gerötetes, zurückweichendes oder blutendes Zahnfleisch (Gingivitis)
  • Entzündung des Zahnhalteapparates (Parodontitis)
  • unangenehmer Geruch aus dem Fang
  • geringere / vorsichtige Futteraufnahme
  • verändertes Fress- oder Kauverhalten
  • vermehrtes Speicheln oder Reiben des Fangs

Weiche Zahnbeläge entstehen bereits innerhalb von 24 bis 48 Stunden. Werden sie nicht entfernt, verfestigen sie sich zu Zahnstein. Es folgen Entzündungen des Zahnhalteapparats (Parodontitis), die chronisch verlaufen und zu Zahnverlust sowie systemischer Belastung führen können.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Tierzahnheilkunde (DGT), www.tierzahnheilkunde.de


Zahnhygiene erfordert Nähe, gezielte Berührung und kontrollierbare Abläufe. Dein Hund muss lernen, Pflegeschritte wie das Anheben der Lefzen, das Öffnen des Fangs und das Berühren der Zahnflächen zu dulden. Du musst dabei Ruhe, Klarheit und Struktur vermitteln können.

Der schrittweise Aufbau umfasst:
  • das ruhige Anheben der Lefzen
  • das vorsichtige, kurze Öffnen des Fangs
  • das Aushalten direkter Berührung an den Zähnen
  • das Offenhalten des Fangs über wenige Sekunden bis zu Minuten

 

Diese Handlungen müssen regelmäßig geübt werden – ohne Fixierung, ohne Druck. Abwehr oder Meideverhalten zeigen, dass die Duldung nicht richtig aufgebaut wurde. In solchen Fällen ist es notwendig, das Training anzupassen oder sich fachlich begleiten zu lassen.

Zähneputzen ist eine sehr wirksame Maßnahme zur Entfernung weicher Zahnbeläge. Voraussetzung ist ein Hund, der die Anwendung duldet – und ein Mensch, der sie fachlich korrekt ausführt.

Worauf es dabei ankommt:
  • weiche Bürste oder Fingerling, keine harten Materialien
  • ausschließlich Hundezahnpasta (kein Fluorid, keine Schaumbildner)
  • Beginn mit wenigen Sekunden an gut erreichbaren Zähnen
  • behutsamer Ausbau der Dauer
  • drei- bis fünfmal pro Woche putzen, ruhig und kurz

 

Belegt durch Studien:
Regelmäßiges mechanisches Zähneputzen reduziert Plaque, beugt Gingivitis vor und senkt das Risiko für Parodontitis signifikant. Ergänzende Maßnahmen ohne manuelle Reinigung zeigen nur begrenzte Wirkung.

Quelle: Vetsuisse-Fakultät Zürich, Kleintierklinik, www.vet.uzh.ch

Die Ultraschallzahnbürste – eine echte Alternative

Ultraschallzahnbürsten arbeiten ohne Reibung und Lautstärke. Sie erzeugen hochfrequente Schwingungen, die in Verbindung mit spezieller Paste mikroskopisch kleine Luftbläschen bilden. Diese zerfallen an der Zahnoberfläche und sollen dabei weiche Beläge lösen – auch in schwer erreichbaren Bereichen. Gerade bei Hunden, die mechanisches Putzen schlecht tolerieren, kann diese Technik eine sinnvolle Alternative sein. Auch diese Anwendung erfordert eine ruhige Einführung und einen klaren Trainingsaufbau.
Die praktische Erfahrung zeigt, dass viele Hunden diese Methode als angenehmer empfinden – insbesondere sensible oder ältere Tiere.

Zahnpflege kann durch gezielt ausgewählte Maßnahmen ergänzt werden. Diese ersetzen jedoch nicht das Zähneputzen. Die Wirkung ist abhängig vom Einzelfall, die Studienlage uneinheitlich.

Mögliche Ergänzungen:
  • Kauspielzeug mit strukturierter Oberfläche kann durch Reibung zur Reduktion weicher Beläge beitragen
  • Zahnpflegegele mit antibakteriellen oder enzymatischen Wirkstoffen können unterstützend wirken
  • Zusätze im Futter oder Trinkwasser zielen auf die bakterielle Maulflora – ihre Wirksamkeit ist bisher nur unzureichend unabhängig belegt

 

Alle genannten Mittel sollten stets als Ergänzung betrachtet werden – nicht als Ersatz für konsequente manuelle Pflege.

Auch bei konsequenter Zahnpflege können sich Veränderungen im Zahnhalteapparat entwickeln, die für Laien nicht sichtbar sind. Mindestens einmal jährlich sollte eine tierärztliche Kontrolle erfolgen – unabhängig von Beschwerden. Bitte von einem auf diesen Bereich spezialisierten Tierarzt.

Anzeichen für eine notwendige Zahnbehandlung:
  • festsitzender Zahnstein
  • Zahnfleischbluten (Gingivitis) oder Zahnfleischrückgang
  • Zahntrauma / Zahnfraktur
  • anhaltender Geruch aus dem Fang (Halitosis) trotz Pflege
  • auffälliges Meideverhalten beim Fressen / Kauen
  • Schmerzen / Abwehrreaktionen bei Berühren des Kopfes

 

Professionelle Zahnreinigungen sind kein Rückschritt, sondern oft die Basis, um danach wieder sinnvoll pflegen zu können.

Quelle: Bayerische Landestierärztekammer, Leitlinie zur Zahnbehandlung beim Kleintier, www.bltk.de

Zahnhygiene schützt Zähne, Zahnfleisch und Zahnhalteapparat – und damit weit mehr als nur die Maulhöhle.
Sie beugt Schmerzen, Fressproblemen und Entzündungen vor. Und sie trägt aktiv zur allgemeinen Gesundheit bei – täglich, still, verlässlich.
Wer Zahnhygiene vorausschauend plant, klar aufbaut und regelmäßig durchführt, schützt nicht nur das Gebiss seines Hundes – sondern seine Lebensqualität.

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